DER GROSSE TEST: WIESBADEN & SEINE BIERGÄRTEN

Biergarten

Kaiserwetter. Biergartenzeit. Und obwohl Wiesbaden nicht München ist, locken rund um die Landeshauptstadt jede Menge Biergärten. Und jeder hat seinen eigenen Charakter. Kaum lassen sich die ersten Strahlen der Frühlingssonne blicken, werden Tische und Stühle aus dem Lager geholt und der Vorplatz des Schlachthofs in den 60/40-Biergarten verwandelt. Der perfekte Ort, um sich vor Konzert oder Party in Stimmung zu bringen oder einfach  gemütlich ein paar Stunden die Sonne zu genießen, die von allen Seiten auf den Biergarten scheint. Ein großes Plus ist die große und preiswerte Getränkeauswahl.

Ein Pils 0,4l schlägt mit 2,80 Euro zu Buche, der große Äppler mit 3,- Euro. Die große Flasche Wasser gibt es schon für 2,60 Euro. Auch für das kulinarische Wohl wird gesorgt, zum Beispiel mit der Pizza, die sich jeder per Kreuzchen selbst zusammenstellt. Das Publikum ist kunterbunt. Alt trifft jung, jugendliche Subkultur sitzt Tisch an Tisch mit Mittvierzigern, die ihre wilde Phase vielleicht schon hinter sich haben. Das Ambiente lässt aufgrund des Schlachthof-Neubau derzeit leider etwas zu wünschen übrig. Doch wen der Blick auf graue Betonmauern nicht stört, kann im 60/40 eigentlich nichts falsch machen. Irgendwann verschwindet die Baustellenkulisse sowieso im Dunkel, denn das 60/40 punktet auch mit Ausdauer: Der Biergarten hat so lange offen wie die Kneipe. An Wochenenden kann das bis in die späte Nacht sein.

60/40, Murnaustraße 1, Tel.: 0611-9744518

Zwischen Westend und Michelsberg liegt das Finale und davor sein Biergarten, ein kleines, grünes und schattiges Idyll mitten in der Innenstadt. Der Holunder blüht in voller Pracht, dass Efeu rankt sich an den umliegenden Häuserwänden empor. Getränke- und Essensauswahl sollten für jeden Geschmack reichen. Neben Kartengerichten wie Pasta, Wokgemüse, Schnitzel oder Steak, gibt es eine Tageskarte und von Montag bis Freitag wechselnde Mittagsmenüs. Die Preise bewegen sich im gängigen Wiesbadener Rahmen: das große Pils (0,5l) kostet 3,30 Euro, den Äppler (0,5) 3,- Euro, ein kleines Wasser 2,- Euro. Der Service ist schnell und freundlich. Das Publikum bunt gemischt, größtenteils ab 30 aufwärts. Einzig die direkte Lage an der Emser Straße stört ein wenig das Vergnügen, vor allem in den frühen Abendstunden, wenn die Straße noch stark befahren ist. Spätestens um Mitternacht geht´s nach drinnen.

Das Finale, Emser Straße 4, Tel.: 0611-9451050

Hinterhöfe sind oft ödeOrte, in denen neben überquellenden Mülltonnen einsame Fahrräder an rostigen Ständer angekettet sind. Dass es auch anders geht, beweist das c/o*. Von außen deutet nur eine kleine Klapptafel auf das Idyll hin, das sich dem überraschten Besucher hinter der dunklen Hofeinfahrt auftut. Efeuumrankte Backsteinmauern, Bambusbüsche, bepflanzte Blumenkübel und eine knorrige Kastanie inmitten des kieselbedeckten Bodens lassen das hektische Treiben auf der Moritzstraße vergessen. Neben typischem Biergarten-Mobiliar laden Hollywoodschaukeln und Strandkörbe zum Verweilen ein. Die Bedienung ist schnell am Tisch und erfüllt Bestellwünsche freundlich und prompt. Auch wenn der Biergarten voll besetzt ist, schleicht sich selten das Gefühl ein, zu lange auf sein Getränk warten zu müssen. Die Auswahl lässt keine Wünsche offen. Hungrige bekommen Pizza- und Pasta von nebenan. Einziger Wermutstropfen: Um 23 Uhr werden wir freundlich nach drinnen gebeten. Bis dahin: Für mich der schönste Biergarten in der Innenstadt!

c/o*, Moritzstraße 52, Tel.: 0611-3602912,

Im Grünen und doch innenstadtnah: Mit diesen Attributen wartet das Treibhaus auf. Umrandet von Büschen und Bäumen fällt es leicht, der städtischen Hektik zu entfliehen und Ruhe und Zerstreuung in dem liebevoll begrünten und dekorierten Biergarten zu finden. Etwa 200 Gäste finden hier Platz, entweder an einem der kleinen Tische, an einer der Biergarnituren oder auf einem der Sofas oder der Hollywoodschaukel. Getränke- und Speisekarte sind übersichtlich und verzichten auf überflüssigen Schnick-Schnack. Zur Auswahl stehen neben diversen Bieren zwei Apfelweinsorten, dazu verschiedene Rot- und Weißweine, heimische Brände sowie diverse alkoholfreie Getränke. Kulinarische Highlights sind die Klarenthaler Fritten mit frittiertem Rosmarin und hausgemachten Dip sowie das Handkäs’ Carpaccio. Ein schneller, freundlicher Service und günstige Preise runden das gute Gesamtbild ab. Die Gästeschar ist buntgemischt: Studenten und Familien mit Kindern (die sich auf einer extra Spielwiese austoben können) bevölkern die Tische ebenso wie Schlipsträger und Rentner. Geöffnet täglich von 16 Uhr, an Sonn- und Feiertagen von 12 Uhr bis Open End.

Treibhaus, Klarenthaler Straße 127, Tel.: 0611-5828289

Ob nach einem Ausflug durchs Walkmühltal oder einem Spaziergang durch die Dürer-Anlage: Am Ende führen alle Wege zum Äbbelwoi Schmidt – vielleicht Wiesbadens traditionsreichster Biergarten. Von Bäumen umrandet bietet der bis 22.30 Uhr geöffnete Garten rund 200 Gästen Platz und kann mit einem besonderen Highlight glänzen: dem nach hauseigenem Rezept gebrauten Zwicklbier, ungefiltertes und naturtrüb. Köstlich! Doch auch der Apfelwein atmet Lokalkolorit. Er stammt aus der  Bierstädter Kelterei Rainer Emmel. Für hungrige Mägen halten Speise- und Tagestafel gut-bürgerliche Gerichte bereit, wie zum Beispiel den Handkäs’ mit Musik, Schnitzel mit Pommes oder Folienkartoffel mit grüner Soße. Das spricht Jung und Alt gleichermaßen an, ob Szenetypen, Rentner oder Familien mit Kindern (für die Kleinsten gibt es einen extra Spielbereich) – bei Äbbelwoi Schmidt sind sie alle anzutreffen. Einzig der Service konnte beim Testbesuch nicht mithalten. Die Bedienung war zwar freundlich und stets bemüht, doch leider auch unaufmerksam und vergesslich. Wenn das extra bestellte Ketchup, auch nach zweimaligem Nachfragen, erst gebracht wird, wenn die Pommes schon fast aufgegessen sind, dann ist das einfach zu spät. Trotzdem: immer einen Besuch wert.

Äbbelwoi Schmidt, Bornhofenweg17, Tel. 0611-406649

Rainer Emmel, wir haben ihn eben bei Äbbelwoi Schmidt „kennengelernt“, keltert sein beliebtes „Stöffche“ nicht nur für andere, sondern betreibt selbst drei Gastronomiebetriebe – darunter den Berggasthof Kellerskopf, dessen Terrasse mit einigen Superlativen aufwarten kann: Besucher genießen hier regionale Küche und leckere Getränke – den hauseigenen Äppler und das ebenfalls bereits erwähnte Zwickelbier, aber auch Weine jeden Niveaus – im wohl höchsten (474 Meter), romantischsten (umgeben vom grünen Taunuswald-Idyll) und spektakulärsten (Aussicht auf Wiesbaden, abends ein funkelndes Lichtermeer) Biergarten.

Berggasthof Kellerskopf, Kellerskopf 1, Tel. 06127-4926

Nur die Harten kommen in den Garten! Und die ganz Harten? Die verschlägt es vielleicht in den „Biergarten“ des City Boulevards. City Boulevard? Ja, City Boulevard, die kleine Kneipe im Erdgeschoss der City Passage zwischen City Grill und City Friseur. Gepflegt ein Pils zischen und stumm vor sich hin sinnieren, während die Frau sich die Haare machen lässt oder Schuhe kaufen geht. Das zumindest scheint die Motivation der meist älteren Herren zu sein, die sich eigentlich zu jeder Tageszeit dort finden lassen. Die Bedienung ist freundlich, das bestellte Pils wird in Rekordzeit auf das goldene, mit Rosenornamenten verzierte Plastikdeckchen serviert. Unschlagbar der Preis: 1,90 Euro für ein Pils (0,3l). Trotzdem ist ein Besuch nur bei Regen und dann auch nur sehr abenteuerlustigen Menschen auf der Suche nach der etwas anderen Biergarten-Erfahrung  zu empfehlen.

City Boulevard, Schwalbacher Straße 38 – 42.

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